Wie gut sind wir wirklich? Diese Antwort auf diese Frage finden Ideenmanager im Benchmarking. Beteiligungsquote, Nutzen pro Mitarbeiter und ROI: Für alle diese Werte finden sich gute Vergleichswerte, beispielsweise in der Erhebung „Erfolgsfaktoren im Ideenmanagement — Studie 2016“.
Doch wie sind Bearbeitungszeiten zu werten?
Einerseits möchten Einreicher bald wissen, wie ihre Idee bewertet wird. In jedem Psychologie-Lehrbuch ist zu lesen, dass schnelle Rückmeldung für den Lernerfolg entscheidend ist: Wenn ich mehr Ideen einwerben möchte, dann müssen die „positiven Verstärkungen“ schnell geschehen.
Andererseits möchten wir auch viele Ideen mit hohem Nutzen einwerben. Ideen mit hohem Nutzen setzen in aller Regel umfangreiche Änderungen in den Prozessen voraus, gelegentlich müssen auch größere Investitionen getätigt werden. Die Entscheidung und Umsetzung solcher Ideen geschieht so, wie im Unternehmen größere Projekte umgesetzt werden. Das wissen auch die Einreicher.
Wenn ein Unternehmen also kurze Bearbeitungszeiten für eingereichte Ideen meldet, dann kann dies auf ein effizientes Ideenmanagement hinweisen, oder auf das Fehlen von Ideen mit hohem Nutzen.
Aus dieser zwiespältigen Situation entstand der Gedanke, nicht einfach die Bearbeitungszeit, sondern den Nutzen pro Bearbeitungszeit als mögliche Größe für das Benchmarking zu analysieren. Hierzu wurde der bereits angesprochene Datensatz „Erfolgsfaktoren im Ideenmanagement — Studie 2016“ verwendet.
„Nutzen“ wird in diesem Datensatz in zwei Variablen ausgewertet: Als „Nutzen pro umgesetzter Idee“ sowie als „Nutzen pro Mitarbeiter und Jahr“. Die Problematik von Ideen mit großer Einsparung und langen Bearbeitungszeiten tritt praktisch nur bei berechnetem Nutzen auf, daher betrachten wir nur rechenbare Einsparungen.
„Bearbeitungszeit“ wird ebenfalls in zwei Variablen erfasst: Als „Durchlaufzeit bis zur Entscheidung“ und als „Durchlaufzeit bis zur Umsetzung“. Lediglich die Variable „Durchlaufzeit bis zur Entscheidung“ wies statistisch signifikante Zusammenhänge auf, daher wird nur diese Variable dargestellt. Dies steht im Einklang mit der oben angesprochenen psychologischen Erkenntnis, wonach die Dauer bis zu einer positiven Rückmeldung (hier: positiven Entscheidung) entscheidend dafür ist, ob Einreicher eine weitere Idee einreichen. Es werden also zwei neue Variablen gebildet: „Berechenbarer Nutzen pro Mitarbeiter und Jahr, dividiert durch die Durchlaufzeit bis zur Entscheidung“ und „Berechenbarer Nutzen pro umgesetzter Idee, dividiert durch die Durchlaufzeit bis zur Entscheidung“. Die Zusammenhänge werden als „Heat-Map“ dargestellt.
Die „Heat-Map“ zeigt eine rote Farbe für positive Zusammenhänge: Je höher der berechenbare Nutzen pro umgesetzter Idee, dividiert durch die Durchlaufzeit bis zur Entscheidung, desto intensiver die Unterstützung durch den Betriebsrat. Blau steht für negative Zusammenhänge: Je höher der berechenbare Nutzen pro Mitarbeiter und Jahr, dividiert durch die Durchlaufzeit bis zur Entscheidung, desto seltener arbeitet der Ideenmanager als Prozess- und Methodencoach. Je intensiver die Farbe, desto größer ist der Zusammenhang. Unterstützung durch den Betriebsrat geht also mit hohem Nutzen pro Tag Durchlaufzeit einher, einerlei, wie der Nutzen definiert wird.
Handelt der Ideenmanager als Prozess- und Methodencoach, so erhöht dies den Nutzen pro umgesetzter Idee. Dies ist plausibel: Gecoachte Einreicher können höherwertige Ideen so einreichen, dass diese Ideen schnell entschieden werden. Ideen ohne Nutzen oder ohne Realisierungs-Chance können durch einen coachenden Ideenmanager frühzeitig erkannt und aussortiert werden, oft, bevor diese Ideen eingereicht sind.
Der berechenbare Nutzen pro Mitarbeiter und Jahr, dividiert durch die Durchlaufzeit bis zur Entscheidung, sinkt durch intensiveren Einsatz des Ideenmanagers als Prozess- und Methoden-Coach: Wenn sich der Ideenmanager auf wenige, große Ideen konzentriert, dann können viele kleine Ideen auf der „langen Bank“ liegenbleiben, was dies Kennzahl negativ beeinflusst.
Das gleiche Muster der Zusammenhänge zeigt sich bei der Anzahl Ideen pro Mitarbeiter und Jahr und dem ROI, wobei sich auch hier mehr oder weniger plausible Annahmen anbieten.
Einen klaren (und möglicherweise überraschenden) negativen Zusammenhang zeigt sich zwischen dem Nutzen pro Bearbeitungszeit und der Anzahl der Ideenmanager pro 1000 Beschäftigten und dem Nutzen pro Bearbeitungszeit und der Unterstützung des Ideenmanagements durch das Top-Management. Vielleicht verderben hier viele Köchen den Brei.
Zusammengefasst: Die reine Bearbeitungsdauer eignet sich kaum als Variable für ein Benchmarking: Kurze Bearbeitungszeiten können auf effizientes Ideenmanagement oder auf viele triviale Vorschläge hindeuten. Wenn überhaupt, dann ist die Bearbeitungszeit bis zur Entscheidung relevant. Insbesondere größere Ideen benötigen ihre Zeit für die Realisierung, das ist jedem Einreicher klar oder zumindest einfach zu vermitteln. Im Einklang mit den Erkenntnissen aus der Psychologie ist die Zeit bis zur ersten wichtigen Rückmeldung, also die Bearbeitungszeit bis zur Entscheidung, besonders wichtig.
Die Kenngröße „Nutzen pro Bearbeitungsdauer“ führt nicht konsistent zu plausiblen Ergebnissen. Hier sind weitere Überlegungen notwendig.