„Welches sind die Wurzeln des großen Engagements der Mitarbeiter von ‚Hidden Champions‘? Neben offensichtlichen Faktoren, wie klare Spezialisierung, Nähe zum Endergebnis der Arbeit, Team-Geist, spiel der Standort eine wichtige Rolle. Nur wenige ‚Hidden Champions‘ haben ihren Standort in Großstädten. […] Die überwiegende Mehrheit der ‚Hidden Champions‘ arbeitet jedoch in Kleinstädten und Dörfern. […] Der Standort in ländlichen Gebieten hat mehrere wichtige Effekte. Erstens ist der ‚Hidden Champion‘ meistens der einzige große Arbeitgeber am Ort, so daß die Beschäftigten weniger Alternativen als in der Großstadt haben. Andererseits ist das Reservoir an qualifizierten Arbeitskräften auf dem Lande begrenzt, so daß das Unternehmen vom Goodwill seiner Beschäftigten abhängig ist. Diese Bedingungen schaffen eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern. Das Unternehmen benötigt die Arbeitskräfte, und die Beschäftigten brauchen die Jobs, die das Unternehmen bieten.“ (Simon 1996, S. 172 f.)
Diese gegenseitige Abhängigkeit kennzeichnet auch das Ideenmanagement: Das Unternehmen oder die Behörde benötigen die Ideen, die Beschäftigten möchten Dinge umsetzen und Anerkennung erfahren und benötigen dazu das Ideenmanagement.
Das Buch „Hidden Champions“ ist nun mehr als zwanzig Jahre alt. Zeit einmal nachzusehen: Sind ländliche Gebiete immer noch besonders erfolgreich – besonders im Ideenmanagement?
Schauen wir uns zunächst die beiden klassischen Ziele an (nähreres auf diesem Blog: Ziele im Ideenmanagement ) Die Beteiligungsquote (für humanorientierte Ziele) und die rechenbare Einsparung pro Mitarbeiter und Jahr (für Ideenmanagement als Rationalisierungsinstrument). Als „Provinz“ bezeichnen wir hier alle Unternehmen, deren Abstand zur nächsten Großstadt mehr als 30 km beträgt; als Großstadt gelten hier Städte mit mehr als 300.000 Einwohner.
Provinz | nicht Provinz | |
Beteiligungsquote | 45% | 31% |
rechenbare Einsparung pro Mitarbeiter und Jahr | 1195,56 Euro | 935,40 Euro |
Der erste Blick sagt: Ja, Ideenmanagement in der Provinz ist erfolgreicher. Nicht direkt ein Erfolgskriterium, aber für den Erfolg des Ideenmanagements wichtig ist die Realisierungsquote: Werden Ideen umgesetzt, dann freut dies die Einreicher und motiviert zu weiteren Ideen. Außerdem kann das Unternehmen nur durch umgesetzte Ideen Nutzen generieren. Umgekehrt: Nicht umgesetzte Ideen frustrieren die Einreicher und erzeugen Blindleistung im Ideenmanagement. Die Unternehmen in der Provinz setzen im Durchschnitt 52,62 Prozent der eingereichten Ideen um, bei den Unternehmen außerhalb der Provinz sind dies nur 46,23 Prozent.
Eine Erfolgsgröße für den Ideenmanager ist sein Gehalt – auch hier lohnt es sich, in die Provinz zu gehen: Dort verdienen Ideenmanager im Durchschnitt 53 Tausend Euro im Vergleich zu 46 Tausend Euro außerhalb der Provinz. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Lebenshaltungskosten in ländlichen Gebieten häufig deutlich geringer sind.
Liegen die Erfolge des Ideenmanagements in der Provinz an der Lage, oder betreiben Ideenmanager in der Provinz ihr Ideenmanagement auch anders? Wenn man die entsprechenden Variablen vergleicht, sticht ein Wert heraus: Wir haben gefragt, ob der Ideenmanager als Prozess- und Methoden-Coach arbeitet. Auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 5 (voll und ganz erfüllt) erreichen Ideenmanager in der Provinz einen Wert von 2,9 – ihre Kollegen nur einen Wert von 1,8 Punkten.
Als Fazit kann man festhalten: Ja, Simon hat immer noch Recht: Der Standort macht einen Unterschied. Auch die „Hidden Champions“ im Ideenmanagement sind häufig in der Provinz zu finden.
Literatur
Simon, Hermann 1996: Die heimlichen Gewinner (Hidden Champions). Frankfurt am Main /New York: Campus.