Gute Freunde haben sich angekündigt, einen schönen Nachmittag gemeinsam zu verbringen: Durch die Stadt schlendern, vielleicht eine Ausstellung, abends dann gemeinsam Essen. Und ich sitze am PC und schreibe Blog-Beiträge. Meine Frau übernimmt den Ausstellungsbummel, ich bin in guter Schreib-Stimmung und möchte mit dem Bloggen vorankommen. Daher: Nein, ich komme nicht in die Ausstellung, ich schreibe am Blog.
Wer sich ab und zu in einer Situtation findet, in der ein freundliches “Nein” die bessere Wahl ist, findet reichlich Gedanken und Unterstützung bei Anja Förster und Peter Kreuz in ihrem Buch “Nein — Was vier mutige Buchstaben im Leben bewirken können”. Die beiden Autoren gehen gründlich zu Werke: Zunächst wird ausführlich diskutiert, wie breit die Wahlmöglichkeiten in der heutigen Welt geworden sind. Vorbei die Zeiten, als ein Handwerkersohn das Handwerk des Vaters lernen musste, um später den Betrieb zu übernehmen, und die Handwerkertochter nur die Frau eines Meisters werden konnte. Beruf, Wohnort, Familienstand, … vieles kann heute gewählt und, wenn es nicht gefällt, neu gewählt werden. Das ist keine graue Theorie: Als Professor an der FOM unterrichte ich Menschen, die berufsbegleitend ihr Studium umsetzen und so ihren Berufsweg in eine neue Richtung lenken. Alleine an der FOM sind dies über 40.000 Studierende!
Sodann die Gründe, warum eine Entscheidung so schwierig sein kann: Wer sich für eine Option entscheidet, entscheidet sich damit immer gegen viele andere Möglichkeiten. Ich kann vom Buchhalter zum Wirtschafts-Psychologen wechseln, oder zum Manager, oder zum Informatiker. Aber wenn ich Wirtschafts-Psychologie studiere, dann kann ich nicht zugleich Manager und auch noch Informatiker werden. Damit ist ein “Ja” für einen Berufsweg recht einfach — wenn damit nicht auch das “Nein” für so viele andere Möglichkeiten verborgen sind. So ist auch der Titel “Nein” sinnvoll, denn das ist das Problem, weniger das “Ja”.
In dieser Argumentation greifen Förster und Kreuz auch auf ihren Vorläufer Reinhard Sprenger, der schon 1997 verkündete: “Die Entscheidung liegt bei Dir”.
Eine Typologie der Nicht-Entscheider, eine Reihe freundlicher Geschichten zum Thema und sechs Impulse, die den Buchinhalt am Ende zusammenfassen sind weitere Zutaten zum “Nein”.
P. S. Dieser Blog-Beitrag wurde fertig, zum Abendessen bin ich zu den Freunden gestoßen, zufriden, ein Stück mit meiner Arbeit weiter gekommen zu sein. Und dann wurde es noch ein richtig schöner Abend!
Literatur
Förster, Anja /Kreuz, Peter 2016: Nein — Was vier mutige Buchstaben im Leben bewirken können. München: Pantheon.
Sprenger, Reinhard K. 1997: Die Entscheidung liegt bei Dir. Wege aus der alltäglichen Unzufriedneheit. Frankfurt /New York: Campus.