Ideenmanagement braucht kreative Köpfe. So stellen sich Ideenmanager immer wieder die Frage, wie sie die Kreativität ihrer Kollegen fördern können. Abraham Maslow (ja, der die brühmte Pyramide angeregt hat), stellte sich die Frage anders herum: “Why do people NOT create or work? Rather than, Why DO they create? Everyone has the motivation to create and to work, every child, every adult. This can be assumed. What has to be explained are the inhibitions, the blocks, etc. What stops these motiviations which are there in everyone?” (Maslow 1965, S. 8)
Für eine Antwort holt Maslow weit aus: Wer etwas Wichtiges für die Welt tut, wird selbst wichtig. Wenn wir etwas wirklich Wichtiges aufgreifen, dann wird dieses Wichtige Teil von uns, und plötzlich ist es nicht mehr egal, ob wir arbeiten können oder krank sind. Mütter mit kleinen Kindern begehen nicht so leicht Selbstmord. Gefangene in den Konzentrationslagern, die eine wichtige Aufgabe für andere Menschen in ihrem Leben sahen, überlebten. Menschen ohne diesen Sinn wurden apathisch und starben.
Teil von etwas Wichtigem zu werden ist eine einfache Medizin für das Selbstbewußtsein: Wer sagen kann “Wir Demokraten …” oder “Wir Ärzte …” oder “Wir Psychologen haben herausgefunden …”, der hat Teil am Ruhm, dem Spaß und dem Stolz aller Psychologen. Das Beispiel kommt von Maslow selbst, offenbar hatte er selbst erlebt, worüber er schrieb.
Dieses “Teil von etwas Wichtigem werden” hilft auch, wenn man über einen Mangel an Intelligenz, Talent oder Fähigkeiten hinwegkommen muss.
Wichtig ist, seinen “Teil von etwas Wichtigem” zu finden: Das, was ein Mensch, und nur dieser Mensch an der Welt und für andere Menschen verbessern kann. Idealerweise wären dieses “Teil von etwas Wichtigem”, also die Aufgabe eines Menschen in der Welt, direkt passend zu dem Menschen selbst, zu seinem “Beruf”. Aufgabe und Mensch sind dann für einander geschaffen, so wie in einer guten Ehe die Partner für einander geschaffen sind.
Wer seine spezielle Aufgabe in der Welt ablehnt, wer seinen Ruf (oder Beruf) nicht hört — der ist, sagt Maslow, wie ein Hund, der auf seinen Hinterbeinen gehen soll, oder wie ein Dichter, der ein guter Geschäftsmann sein will, oder wie ein Geschäftsmann, der ein Dichter sein will. Es passt nicht, stimmt nicht, gehört nicht zusammen.
Wie werden Menschen kreativ? In dem sie das bleiben lassen, was eben nicht ihre Aufgabe, ihr Ruf, ihre Sache in der Welt ist. Dann entwickeln sich spontan die Ideen und die Handlungen, die für diese Situation die richtigen und passenden sind.
Wer viel im Ideenmanagement unterwegs ist, kennt dies konkret: Ideenmanager, die den Job eines Ideenmanagers übernommen haben — und Ideenmanager, die einfach Ideenmanager sind. Einreicher, die nach heftiger “Motivation” eine Idee abgeben, die sicher auch gut gemeint ist, aber doch an der Sache vorbeigeht. Und Einreicher, die immer wieder mit pfiffigen Ideen um die Ecke kommen, mit Ideen, auf die ein Gutachter kurz schaut und dann nur den einen Kommentar hat: “Ja, das machen wir so.” Und schließlich haben wir in den Unternehmen auch Menschen, die offenkundig nicht so recht zu ihrem Job, zu ihrer Tätigkeit passen. Kollegen, die ihren Beruf, ihren “Teil von etwas Wichtigem” noch nicht gefunden haben. Wie findet man diesen Beruf? Wohl kaum, in dem man sich in einen Sessel setzt und auf seinen Lebenssinn wartet. Eher, in dem man etwas ausprobiert und dann schaut, wie es passt, wie sich das Tun und das Ergebniss anfühlen. Ein erster Schritt kann es sein, für einen neuen Bereich eine Idee zu entwickeln.
Literatur
Maslow, Abraham H. 1965: Eupsychian Management: A Journal. Homewood, Illinois: Richard D. Irwin, Inc. und The Doresey Press. Die hier referierten Gedanken finden sich auf den Seiten sieben bis elf..